Dienstag, 27. März 2007

Fortsetzung 31

Aber noch bevor in meinem Schädel ein Denkprozess in Sachen erster Verdacht auf den Weg gebracht werden konnte, ging die Tür auf und sechs quirrlige Lebewesen erfüllten das Wohnwageninnere mit flatterhafter antarktischer Unruhe. Unter den erschrockenen Blicken von Margot Müller kehrten meine Assistenten von ihrer Exkursion zurück und warfen mir dieses auf den Tisch. Ich brauchte nicht lange, um mir darüber klar zu werden, dass sie ihren Mißerfolg in Sachen Müllerbeschaffung mit einem schnellen Schnapper in meinen neu angelegten Teich vor der Tür zu kaschieren versuchten. Und ganz offensichtlich stand ihnen jetzt der Sinn nach Belohnung. Erwartungsvoll reckten sie mir ihre Schnäbel entgegen.
"Da seid ihr ja!", sagte ich mit gespielter Gelassenheit. Das kurze Teichleben eines meiner Fische brachte mich innerlich mehr aus dem Gleichgewicht, als mir lieb war. "Und ihr habt was mitgebracht!"
Vor Margot Müller wollte ich meine eigene Enttäuschung verbergen und professionell erscheinen und ich wollte sie nicht weiter beunruhigen. Ich bemerkte, wie sie nicht aufhörte den toten Fisch auf dem Tisch anzustarren.
"Aber das...aber das...!", stotterte sie. "Das, das ist doch nicht mein Mann!"
Ich lehnte mich in meinem Stuhl zurück, legte meine Füße neben den entlebten Schupper auf den Tisch und kniff meine Augen zu zwei schmalen ermittelnden Schlitzen zusammen.
"Das hoffe ich!", sagte ich. "Womit ich allerdings nicht sagen möchte, dass sie nichts von einer Nixe hätten. Aber Sie müssen zugeben , der Fisch hat eine gewissen Ähnlichkeit mit dem Phantombild ihres Mannes, das Sie mir gaben."
"Ich seh da keine Ähnlichkeit. Sie wollen ja nur darüber hinwegtäuschen, dass Sie nicht malen können."
"Ich sehe schon eine gewissen Ähnlichkeit!", beharrte ich. "Dieses...wie soll ich sagen...diese Anmutung des Gestreckten ist ihnen gemeinsam. Finden Sie nicht?"
"Nein, das finde ich nicht. Was soll dieser Unsinn? Mein Mann ist doch kein Fisch!"
"Mein Gott, Margot!", fauchte ich da beinahe und schlug mit der Hand auf den Tisch. "Jetzt beruhigen Sie sich doch. Die Tiere haben sich halt getäuscht.Das kann doch passieren!"
"Was sind Sie denn für ein Ermittler!?" Margot Müller war außer sich. "Mit welchen Methoden Sie arbeiten!"
"Mein Gott Margot! Es sind Pinguine! Sie wissen doch, wie Pinguine sind!"
"Nein, das weiß ich nicht!", schrie sie.

Samstag, 24. März 2007

Fortsetzung 30

Da griff sie mit einer schnellen, ungeduldigen Bewegung in ihre Handtasche und legte vor mir dieses Buch auf den Tisch."Was ist das?", fragte ich.
"Das ist das Tagebuch meines Mannes!", antwortete sie schnippisch. "Vielleicht sind da ja ein paar interessante Aufzeichnungen enthalten, die uns erklären könnten, wo er sich aufhält?"
Vorsichtig griff ich danach und streifte das Gummiband vom Deckel.
"Haben Sie schon hineingesehen?", fragte ich.
Da sah mich Margot Müller mit zornigen Augen an.
"Was denken Sie sich?", fauchte sie auch schon. "Glauben Sie, ich schnüffle meinem Mann in seinem Tagebuch hinterher? Halten Sie mich für so indiskret? Ich bin seine Frau!"
Ich zuckte zurück.
"Entschuldigen Sie!"
"Machen Sie das, los! Sie sind der Schnüffler! Und beweisen Sie, dass Sie nicht nur nicht malen können."
Auf einer beliebigen Seite schlug ich das Buch auf und las:
"Margot ist so gemein. Jeden Abend lauert sie mir mit dem Nudelholz auf und haut es mir volle Kanne über den Schädel. Sie glaubt, ich käme aus einer Kneipe oder so. Aber das stimmt ja gar nicht. Dabei komme ich nur von einem Nebenjob, den wo was ich angenommen habe, damit wir genug Geld haben, um die Schulden abzubezahlen. Die Margot weiß natürlich nichts von den Schulden. Und deswegen drischt sie mir jeden abend das Holz auf die Birne. Steht hinter der Tür, wartet bis ich in der Wohnung bin und `Zack´, sehe ich Sternchen. Und das nach diesem anstrengenden Job, bei dem ich unter großer Gefahr so schwere Betonbrocken schleppen muss..."
Da stockte mir mit einemmal der Atem. `Betonbrocken!´, schoss es mir durch den Kopf und die Schrift vor meinen Augen verschwamm. Konnte es denn sein, dass Herr Müller...?

Dienstag, 13. März 2007

Fortsetzung 29

Erst nach dem fünften Anlauf war ich mit dem Ergebnis zufrieden. Da fragte eine völlig erschöpfte Margot Müller nach einer vierstündigen Sitzung: "Kann ich mal sehen?" Unter leisem Stöhnen erhob sie sich von ihrem Stuhl, kam um den Tisch und blickte auf das Bild.Schweigend stand sie eine Weile neben mir, als ich in meinen Augenwinkeln ihr Kopfschütteln bemerkte. "Das soll ich sein?", fragte sie dann.
"Aber ja!", antwortete ich. "Freilich ist das keine realistische Abbildung. Ich habe Sie in dem Kleid gemalt, das sie gestern trugen. Und ja, auch sonst bin ich ein wenig meinem inneren Auge gefolgt, das Sie ein wenig anders wahrnimmt. So ist das in der Kunst. Das Bild ist eine Interpretation von Ihnen. Das verstehen Sie doch!"
"Nein, das verstehe ich nicht!", antwortete Margot Müller. "Ich hab ja gar kein Gesicht!"
"Das ist Kunst!", sagte ich nun in einem forscheren Ton.
"Und ich dachte, sie können malen!" Ihre Enttäuschung war nicht zu überhören. "Ich hoffe sehr, dass Sie ein besserer Detektiv sind. Was ist denn jetzt mit meinem Mann?"
Ungeduldig blickte sie auf ihre Armbanduhr.
"Nur Geduld!", beruhigte ich sie. "Meine Helfer müssten bald schon zurück sein."
Innerlich hoffte ich doch sehr, dass meine Pinguine erfolgreich sein würden.
"Ich könnte Ihnen etwas auf der Gitarre vorspielen!", schlug ich vor.
"Um Himmels Willen, nein!", rief sie da.

Sonntag, 11. März 2007

Fortsetzung 28

Und noch einer!

Fortsetzung 27

Wieder nichts! Ein neuer Versuch.

Fortsetzung 26

Ich war aber mit dem Ergebnis nicht zufrieden. Ich wollte ihr das rote Kleid von gestern geben, und ein leichtes Schmunzeln und ihr die harten Schatten um die Kinnpartie nehmen. Insgesamt weiblicher. Ich versuchte es erneut.

Donnerstag, 8. März 2007

Fortsetzung 25

Meine Fassungslosigkeit über ihre Erscheinung wollte nicht weichen. Wo war die Anmut und Grazie von gestern, mit der sie so spielerisch in das Herz eines vereinsamten Ermittlers tauchen konnte. Bei Tee und einem Keks saß ich ihr beinahe wie paralysiert gegenüber und bekam nur am Rande mit, dass wir uns auf hundert € einigten, die während der Suche nach ihrem Mann täglich in meine leeren Taschen wandern sollten. Dann wollte sie wissen, ob ich schon etwas unternommen hätte.
"Ja,", sagte ich da und merkte wie hilfreich gezielte Fragen waren, mich aus meinem trancehaften Staunen zu rütteln. "Ich habe einiges in die Wege geleitet. In diesen Minuten, da wir hier sitzen, wird bereits intensiv nach ihm gefahndet. Ich habe da so meine Helfer. Sie verstehen."
"Nein ich verstehe nicht."
Da nickte ich nur und schwieg. Wenig später lenkte ein innerer Impuls die Finger meiner rechten Hand in Richtung Tuschekasten, den ich seit meinem abgebrochenen Malkurs auf dem Tisch liegen hatte, um in einsamen Stunden ein wenig bunt in das Grau meines Alltags zu zaubern. Überraschenderweise hatte ich mich dabei gar nicht so übel angestellt. Und ich konnte mir nicht helfen, ich musste etwas gegen das Äußere von Margot Müller tun, und wenn es nur ein Gemälde ist, mit dem ich die Realität zu überlisten versuchte.
"Wir haben Zeit!", sagte ich. "Könnte gut sein, dass heute nachmittag noch meine Helfer mit ihrem Mann hier auftauchen. Haben Sie etwas dagegen, wennn ich in der Zwischenzeit ein Gemälde von Ihnen anfertige?"
"Sie wollen mich malen?", staunte Margot Müller da. "Ich wurde noch nie gemalt!"
"Das glaube ich Ihnen gerne!", antwortete ich, öffnete den Tuschekasten und versuchte ihr wenigstens auf der Leinwand das Antlitz der jungen Ingrid Bergmann zu verleihen, das ich in Erinnerung hatte.
Ich malte Margot Müller.

Mittwoch, 7. März 2007

Fortsetzung 24

Helmut und ich stellten das gesamte Innere meines Wohnwagens auf den Kopf. Aber das Rupfhuhn war nicht aufzufinden. Schon verrückt, mit was für Fähigkeiten Mutter Natur manche Lebewesen ausgestattet hatte. Da es aus keinem verborgenen Winkel meiner Einrichtung besorgniserregend hustete oder nieste, gab ich mich der Gewissheit hin, dass ich mir keinen fernasiatischen und bedrohlichen Virus ins Haus geholt hatte und freundete mich mit der Vorstellung eines weiteren, wenn auch verborgenen Arealbewohners an. Das Tier würde schon irgendwann seine Scheu überwinden und wieder auftauchen, dachte ich. Ich fand wieder zu meiner inneren Ruhe und auch zu meinem Appetit, den kurz zuvor Jamie Oliver mit seiner Kochsendung in mir geweckt hatte. In Ermangelung eines schmackhaften Geflügels begnügte ich mich nun mit der bescheidenen Vielfalt, die mir ein Imbiss aus dem Kühlschrank zu bieten hatte. Wurst, Käse, Gurke, das übliche, das so in Eile auf einem Teller Platz fand. Ich landete damit wieder vor der Television und der Gedanke an ausgeschwärmte Pinguine, die mir in Sachen Müllerbeschaffung nach wie vor zu Diensten waren, sorgte bei Helmut und mir für entspannende Behaglichkeit.
Irgendwann dann zu fortgeschrittenem Tage klopfte es an der Wohnwagentür. Als ich öffnete sah ich mich einem Gesicht gegenüber, das mir wohl vertraut vorkommen sollte, jedenfalls schien mir die Person das zu vermitteln. Sie grinste mich wiedererkennend an; bei mir jedoch wollte sich Vertrautes nicht einstellen.
"Hallo!", sagte die Person mit einem Lächeln und als ich nichts weiter tun konnte als mit einem stummen fragenden Blick zu erwidern und meinen Kopf schief zu legen, da hörte ich: "Na, ich bin es. Erkennen Sie mich nicht wieder?"
"Tut mir leid.", antwortete ich. "Helfen Sie mir auf die Sprünge."
"Na gestern, auf der Straße, sie hätten mich beinahe überfahren. Und Sie wollen meinen Mann suchen. Margot Müller, mein Name!"
Da durchfuhr mich blitzartig ein fürchterlicher Schreck und ich spürte, wie sich die Finger meiner Hand in die Wohnwagentür krallten.
Wie konnte das sein?, dachte ich. Wie konnte ich Margot Müller nicht wiedererkennen?
"Entschuldigen Sie!", sagte ich. "Ich habe Sie nicht gleich erkannt. Verzeihen Sie, aber ich hatte sie anders in Erinnerung! Kommen Sie herein und nehmen Sie Platz!"
"Ich hatte gestern das rote Kleid an!", sagte Margot Müller und kam in meinen Wohnwagen. "Vielleicht ist es ja das, was so verwirrend auf sie wirkt!"
"Ja!", sagte ich. "Vielleicht."
Und dann stellte ich ihr meinen Hund vor und sagte: "Keine Angst. Er beißt nicht!"