Mittwoch, 7. März 2007

Fortsetzung 24

Helmut und ich stellten das gesamte Innere meines Wohnwagens auf den Kopf. Aber das Rupfhuhn war nicht aufzufinden. Schon verrückt, mit was für Fähigkeiten Mutter Natur manche Lebewesen ausgestattet hatte. Da es aus keinem verborgenen Winkel meiner Einrichtung besorgniserregend hustete oder nieste, gab ich mich der Gewissheit hin, dass ich mir keinen fernasiatischen und bedrohlichen Virus ins Haus geholt hatte und freundete mich mit der Vorstellung eines weiteren, wenn auch verborgenen Arealbewohners an. Das Tier würde schon irgendwann seine Scheu überwinden und wieder auftauchen, dachte ich. Ich fand wieder zu meiner inneren Ruhe und auch zu meinem Appetit, den kurz zuvor Jamie Oliver mit seiner Kochsendung in mir geweckt hatte. In Ermangelung eines schmackhaften Geflügels begnügte ich mich nun mit der bescheidenen Vielfalt, die mir ein Imbiss aus dem Kühlschrank zu bieten hatte. Wurst, Käse, Gurke, das übliche, das so in Eile auf einem Teller Platz fand. Ich landete damit wieder vor der Television und der Gedanke an ausgeschwärmte Pinguine, die mir in Sachen Müllerbeschaffung nach wie vor zu Diensten waren, sorgte bei Helmut und mir für entspannende Behaglichkeit.
Irgendwann dann zu fortgeschrittenem Tage klopfte es an der Wohnwagentür. Als ich öffnete sah ich mich einem Gesicht gegenüber, das mir wohl vertraut vorkommen sollte, jedenfalls schien mir die Person das zu vermitteln. Sie grinste mich wiedererkennend an; bei mir jedoch wollte sich Vertrautes nicht einstellen.
"Hallo!", sagte die Person mit einem Lächeln und als ich nichts weiter tun konnte als mit einem stummen fragenden Blick zu erwidern und meinen Kopf schief zu legen, da hörte ich: "Na, ich bin es. Erkennen Sie mich nicht wieder?"
"Tut mir leid.", antwortete ich. "Helfen Sie mir auf die Sprünge."
"Na gestern, auf der Straße, sie hätten mich beinahe überfahren. Und Sie wollen meinen Mann suchen. Margot Müller, mein Name!"
Da durchfuhr mich blitzartig ein fürchterlicher Schreck und ich spürte, wie sich die Finger meiner Hand in die Wohnwagentür krallten.
Wie konnte das sein?, dachte ich. Wie konnte ich Margot Müller nicht wiedererkennen?
"Entschuldigen Sie!", sagte ich. "Ich habe Sie nicht gleich erkannt. Verzeihen Sie, aber ich hatte sie anders in Erinnerung! Kommen Sie herein und nehmen Sie Platz!"
"Ich hatte gestern das rote Kleid an!", sagte Margot Müller und kam in meinen Wohnwagen. "Vielleicht ist es ja das, was so verwirrend auf sie wirkt!"
"Ja!", sagte ich. "Vielleicht."
Und dann stellte ich ihr meinen Hund vor und sagte: "Keine Angst. Er beißt nicht!"