Mittwoch, 31. Januar 2007

Fortsetzung 10

Dick wäre schmeichelnd, den Mann zu beschreiben, der hinter seinem mächtigen Schreibtisch thronte und nach Luft rang, als wäre Atmen tägliche Schwerarbeit. Seine Bemühungen diesen riesigen Organismus mit Sauerstoff zu versorgen wurden nicht nur durch den dichten Qualm einer Zigarre beeinträchtigt, die er zwischen seinen feuchtglänzenden, massigen Lippen hin und herbewegte. Der Mann war fett, fett wie die russische Erde und über seinen Bauch spannte sich die Winzigkeit eines nadelgestreiften Zweireihers. Hinter ihm an der Wand prangte ein riesiges Schild, dass mir zu verstehen gab, dass ich mich auf schwierige Verhandlungen einstellen musste.

Mir war danach die Situation zu entkrampfen und brachte den verführerischen Essensgeruch ins Gespräch, der auf den Gängen seines Unternehmens die Magensäfte anregte.
"Den Luxus gönne ich mir!", krächzte mir der Mann schnaufend entgegen. "Eine Feinschmeckerkantine internationaler Delikatessen mit täglich wechselnder Speisekarte. Ich glaube, man sieht es mir an, dass ich dafür eine Leidenschaft habe."
Ich schenkte seiner Bemerkung ein leichtes Schmunzeln und vernahm hinter dem Fenster auf dem Hof des Geländes einen dumpfen, kräftigen Einschlag.
"Womit kann ich dienen?", keuchte der Dicke jetzt.
"Knut Meier, mein Name!", sagte ich. "Privatermittler. Ich komme wegen der Annonce."
"Kann mich nicht erinnern, ein Gesuch nach einem Schnüffler aufgegeben zu haben!" Mit einem Grinsen richtete er seine Worte an die Zigarre, die er nun genüsslich zwischen seinen Fingern rollte.
"Ich komme wegen des Jobs!"
"Ich dachte, sie wären Privatermittler!", fragte er stutzig geworden, bevor er ein paarmal schmatzend an seiner Zigarre zog und sein Gesicht vernebelte.
Mir wurde klar, meine Frage nach einem Halbtagsjob mit gleitender Arbeitszeit, um weiterhin auch als Ermittler arbeiten zu können würde nicht auf offene Ohren stoßen. Ich fragte dennoch...

Dienstag, 30. Januar 2007

Fortsetzung 9

Wofür Helmut sein Gespür hatte, von dem jeder Ermittler nur träumen konnte, brauchte der Mensch Schilder, um auf Gefahren aufmerksam zu werden, die sein Ende bedeuten konnten. Kaum auf Firmenterrain gelandet beobachtete ich, dass mein Hund ängstlich seine Ohren anlegte und den Schwanz einzog. Dass er zur einen Hälfte von einem Schäferhund abstammte und zur anderen von einem Boxer, war nicht der einzige Grund, weshalb er sich hier nicht pudelwohl fühlte. Als ich meine Blicke sondierend schweifen ließ, wusste ich, dass mehr dahinter steckte.

Ein weiterer scheuer Blick nach oben versicherte mir, dass im Augenblick keine mir durch Schilderhinweis nun bekannten Flugobjekte unterwegs waren und wir wohl schadlos ins Gebäude gelangen würden. Hier war es dann ein intensiver Essensgeruch, der Helmuts und meine Sinne schärfte, und auch meine hungrigen Goldfische schienen trotz Tüte eine Witterung aufzunehmen. Ein paar Sekretärinnen später war ich auf einem langen Gang tiefer in das Gebäude eingedrungen und sowas wie Nervosität ergriff von mir Besitz, als ich an der Cheftür klopfte und mich von einem heiseren und gebieterischen "Herein!" leiten ließ und die Erkenntnis gewann, dass es schilderreich weitergehen würde.

Fortsetzung 8


Außerhalb der verkehrsberuhigten Zone, als es in ein Gewerbegebiet ging, erhöhte ich meine Geschwindigkeit wieder und vermutlich ist darin die Ursache zu suchen, dass mein Ausflug in die Stadt nun doch nicht ohne Kollision blieb. Ich sah die Parklücke zu spät und das ebenfalls hydraulische Bremssystem war offensichtlich damit überfordert, die Geschwindigkeit meines Oldtimers binnen Sekunden aufs erforderliche Maß zu reduzieren. Ich schob und schichtete die vor mir parkenden Wagen internationaler Luxusklassen in-und schließlich übereinander, sodass deren Gebrauchtspuren sichtlich zunahmen und es was von Istallationskunst hatte, als ich mit Helmut den Wagen verließ und die Pforten eines mittelständischen Unternehmens passierte und in mir wieder sowas wie Hoffnung aufkeimte, endlich an eine einträgliche Arbeit zu geraten.

Sonntag, 28. Januar 2007

Fortsetzung 7


Ich nutzte die Fahrt in die Stadt einmal mehr für eine meiner Bemühungen, zur mir so angsteinflößenden Zahlenwelt der Mathematik mittels eines ganz eigenen Gleichungssystems mehr Vertrauen zu fassen. So rauschte ich bei einer Außentemperatur von 15 Grad Celsius in einer verkehrsberuhigten 2 x 15 km/h-Zone um 15.15 Uhr bei 2 x 1500 Umdrehungen mit einer Geschwindigkeit von beinahe 115 km/h über 15 Bodenwellen, die das hydraulische Federsystem meines Franzosen mit aller Souveränität nicht einmal ignorierte. Dass ich mich auf diese Art unbehelligt von der Polizei und ohne Kollisionen durch das Wohngebiet bewegte grenzte an eines der Wunder, die ich so dringend nötig hatte, um mein Leben endlich in den Griff zu bekommen.

Freitag, 26. Januar 2007

Fortsetzung 6


...seine Motorisierung reichte locker aus, meinen Mitstreitern auf dem geschwungenen Asphalt immer nur den gleichen Anblick zu bieten.

Fortsetzung 5


Einen mehligen Apfel und einen Caro-Kaffee später stieg ich in meinen französischen Fünftürer und ließ mich frontgetrieben und hydraulikgefedert in die Stadt schaukeln. Ich hatte in der Zeitung von einem Job gelesen. Nicht näher beschrieben zwar, worum es ging, aber ich war nicht in der Position, groß wählerisch zu sein. Geld brauchte ich dringender als alles andere. Ohne Murren sprang der Franzose an. Seit etlichen Jahren schon war er mein treuer luftbereifter Gefährte. Ich liebte diesen Wagen. Klar, er war nicht der neueste und seine Gebrauchtspuren ließen Helmut ohne weiteres durchs hintere Fenster auf der Ladefläche Platz nehmen, aber...

Mittwoch, 24. Januar 2007

Fortsetzung 4


Als ich am nächsten Tag nach langem Schlaf beinahe nachmittags erwachte, schon wieder die Ernüchterung. Es waren nicht nur die Rühreier und der Speck, die ich auf meinem Frühstücksbuffet vermisste. Und auch der erste Eindruck, den die Kühlschrankoberfläche auf meine Fische machte, täuschte. Es hätte nur für unnötige Nervösität in ihrer Tüte gesorgt, hätte ich den Inhalt der Büchse auf ihre Wasseroberfläche verteilt, so wie sie es aus Zeiten gewohnt waren, als ich mir noch Tiernahrung leisten konnte.

Sonntag, 21. Januar 2007

Fortsetzung 3


Und es war nicht zu leugnen, dass auch die Hütte meines Hundes Helmut etwas von einer Übergangslösung hatte. Zugig, das war es wohl, womit man das Gebilde trefflich umschreiben konnte. Keine Frage, meine Tiere hatten es nicht gut getroffen mit ihren Lebensräumen. Sie hatten besseres verdient und die Aussicht auf ein eigenes Dach über dem Kopf ließ in mir und meinen Mitbewohnern so etwas wie Lebensfreude aufkommen.
Die Fische zwar noch in ihrer Tüte, Helmut und ich aber auf einer weichen Kunststoffmatraze verbrachten wir unsere erste Nacht im neuen Heim. Binnen Sekunden sank ich erschöpft in einen bilderreichen Schlaf. Ich träumte von 255.843,-- Euro in bar, 300.000,-- Euro in Komunalobligationen, 32.455,-- Euro in Bundesschatzbriefen und 144.855,78 Euro in einem krisensicheren Aktienfond. Macht zusammen 733.153,78 Euro, summierte ich trotz meiner schlechten Mathekenntnisse im Traum und musste am nächsten Morgen mit Wohlgefallen daran denken, dass die ersten Träume in einem neuen Bett in Erfüllung gehen sollen. Zweifelsfrei gab es Aussichten, die mir weniger behagen würden und so freute ich mich auf meine Zukunft. Helmut und ich hatten ja keine Ahnung, wie trügerisch diese Freude war...

Samstag, 20. Januar 2007

Fortsetzung 2

Es wurde auch Zeit, dass ich meinen Fischen gegenüber das Versprechen einlöste und sie endlich in einen Gartenteich setzte.Ein Jahr in der Plastiktüte war auch für die anspruchslosesten Tiere eine verdammt lange Zeit.

Freitag, 19. Januar 2007

1 / Hartz Vier, Mathe Fünf! Exklusiver Vorabdruck des neuen Foto-Fortsetzungs-Kriminalromans von Jack Brown

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Vier Pina Colada, fünf doppelte Scotch und ein Liter Rotwein waren wohl dafür verantwortlich, dass ich bei dieser Annonce nicht stutzig geworden war und meine Unterschrift blind unter den Mietvertrag gesetzt hatte. Als ich am nächsten Morgen mit katerschweren Lidern nach meiner neuen Bleibe schaute, wurde mir klar, dass ich jemandem auf den Leim gegangen war.

Aber was soll´s. Ich brauchte mich nicht zu beklagen. Hartz vier, Mathe fünf. Ich hatte keine Wahl. Ich stand mit dem Rücken zur Wand. Meine Detektei war auf den Hund gekommen. Wenn nicht bald ein neuer Kunde bei mir antanzte, musste ich mir wirklich etwas einfallen lassen. Also zog ich hinaus in die Erholungslage und richtete mich in meinem neuen Zuhause ein. Ein Jahr lang lebte ich nun schon ohne festen Wohnsitz, immer auf Achse und die Nächte auf Freundesofas sollten endlich der Vergangenheit angehören.