Donnerstag, 8. März 2007

Fortsetzung 25

Meine Fassungslosigkeit über ihre Erscheinung wollte nicht weichen. Wo war die Anmut und Grazie von gestern, mit der sie so spielerisch in das Herz eines vereinsamten Ermittlers tauchen konnte. Bei Tee und einem Keks saß ich ihr beinahe wie paralysiert gegenüber und bekam nur am Rande mit, dass wir uns auf hundert € einigten, die während der Suche nach ihrem Mann täglich in meine leeren Taschen wandern sollten. Dann wollte sie wissen, ob ich schon etwas unternommen hätte.
"Ja,", sagte ich da und merkte wie hilfreich gezielte Fragen waren, mich aus meinem trancehaften Staunen zu rütteln. "Ich habe einiges in die Wege geleitet. In diesen Minuten, da wir hier sitzen, wird bereits intensiv nach ihm gefahndet. Ich habe da so meine Helfer. Sie verstehen."
"Nein ich verstehe nicht."
Da nickte ich nur und schwieg. Wenig später lenkte ein innerer Impuls die Finger meiner rechten Hand in Richtung Tuschekasten, den ich seit meinem abgebrochenen Malkurs auf dem Tisch liegen hatte, um in einsamen Stunden ein wenig bunt in das Grau meines Alltags zu zaubern. Überraschenderweise hatte ich mich dabei gar nicht so übel angestellt. Und ich konnte mir nicht helfen, ich musste etwas gegen das Äußere von Margot Müller tun, und wenn es nur ein Gemälde ist, mit dem ich die Realität zu überlisten versuchte.
"Wir haben Zeit!", sagte ich. "Könnte gut sein, dass heute nachmittag noch meine Helfer mit ihrem Mann hier auftauchen. Haben Sie etwas dagegen, wennn ich in der Zwischenzeit ein Gemälde von Ihnen anfertige?"
"Sie wollen mich malen?", staunte Margot Müller da. "Ich wurde noch nie gemalt!"
"Das glaube ich Ihnen gerne!", antwortete ich, öffnete den Tuschekasten und versuchte ihr wenigstens auf der Leinwand das Antlitz der jungen Ingrid Bergmann zu verleihen, das ich in Erinnerung hatte.
Ich malte Margot Müller.