Ich wohnte in einer Vorstadt. Der Ort hatte immer schon und
hat auch heute noch eine gut sortierteBuchhandlung mit einer engagierten
Buchhändlerin, die in der Autorenschaft einen guten Ruf genießt.
So kam es, dass Andrej Kurkow, ein ukrainischer Autor, der
in England lebt und mehrsprachig durchs Leben geht, in der Buchhandlung zu
einer Lesung aus `Picknick auf dem Eis´ angekündigt war. Ich hatte sein Buch gerade
mit großem Vergnügen gelesen, da wollte ich mir den Autor in meinem Heimatort
nicht entgehen lassen.
Die Buchhandlung war ebenso gut bestuhlt wie besucht, die
Menschen, die sich diesen für eine provinzielle Location echten Hochkaräter
nicht entgehen lassen wollten, waren meist älter, einige ergraute ältere Damen
waren darunter, die mit Handtaschen auf dem Schoss der Dinge harrten, bzw. des
Ukrainers. Der kam dann bald, ein netter Mann mit guten deutschen
Sprachkenntnissen. Er plauderte, er las. Die Handlung des Buches, eine Art
Thriller, lass ich hier außen vor. Wichtig nur: der Protagonist lebt mit einem
Pinguin in einer Wohnung. Was das alles für Erlebnisse mit sich bringt, das
beschreibt der Autor sehr anschaulich und amüsant. Nur – was mir aufstieß, bzw.
im Halse stecken blieb: wenn der Pinguin Hunger hat, holt ihm sein Herrchen
einen kompletten tief gefrorenen Fisch aus dem Gefrierfach, legt ihn in den
Futternapf, aus dem ihn der Pinguin augenblicklich als Ganzes verschlingt. Ich
konnte mir das nicht vorstellen. Pinguine sind weiche, glatte, geschmeidige
Wesen. Fische, die sie zu sich nehmen, sind Jagdbeute, somit lebend, beim
Verschlingen passen sie sich den Bedingungen der Speiseröhre an. Das muss
Flutschen.
Als die Lesung endete und das Autorengespräch sehr
schleppend nur vorankam und der Autor, weil Ukrainer, erst einmal zu seiner
Meinung in Sachen Tschernobyl und Tschetschenien genötigt wurde, machte ich den
Meister auf meine Zweifel aufmerksam. Ich könne mir nicht vorstellen, dass ein
Pinguin einen tief gefrorenen Fisch als Ganzes einfach so verschlingt. Den
müsse man doch irgendwie auftauen.
Der Autor mochte meine Frage nicht, das merkte man. Er druckste
ein bisschen herum, meinte schließlich, er hätte die Sache mit einem Biologen
schon abgeklärt. Das sei gut recherchiert. Ich hakte nicht nach, bin ja selber kein Biologe und
Pinguinkenner bin ich auch nicht.
Ein- zwei Jahre später las ich den Nachfolgeband `Pinguine frieren nicht´. Die Handlung tut hier wieder nicht zur Sache, nur soviel: dem
Protagonisten ist der Pinguin entführt worden, auf der Suche nach dem Tier
verschlägt es ihn in die Kriegswirren nach Tschetschenien. Er findet den
Pinguin. Die Freude ist groß, der Hunger des Pinguins auch.
Wieder gemeinsam in der Wohnung holt das Herrchen auch bald einen
tief gefrorenen Fisch aus dem Gefrierfach und - ACHTUNG!!!!!!!! – legt ihn ins Spülbecken, lässt eine Weile heißes
Wasser drüber laufen und übergibt den Fisch erst dann dem Pinguin.
Tja, so geht das mit der Literatur.
(Wissenswertes über Pinguine gibt es hier.)
(Wissenswertes über Pinguine gibt es hier.)