Freitag, 8. Juni 2012

über amerikanische literatur

Neulich lief ein Dokumentarfilm über Jonathan Franzen, dessen Buch `Korrekturen´ immer noch auf meiner to-do-Liste als unerledigt steht. Der Bericht zeichnete ein Kurzporträt des Autors und gab nebenbei auch einen kleinen Überblick über die aktuelle amerikanische Literatur aus der Sicht der QuasiEnkel von Hemingway, John Dos Passos, William Faulkner...
Ich bin ein großer Fan der amerikanischen Literatur, vielleicht war ich es mehr, als ich es bin.  Denn richtig fesseln konnten mich schon Autoren wie Don Delillo, Philip Roth, John Updike nicht mehr so wie deren Vorgänger, die ihr Denken eher dem archaischen Urbild des unmittelbaren Überlebens widmeten. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich mein Lesen und damit auch mein eigenes Denken mit den großen alten Amerikanern erst richtig begonnen hatte und ich mit einer Welt konfrontiert wurde fern meiner deutschen spießigen Kleinstadt. Die Bücher der alten Meister zauberten ein Gefühl in mich hinein, mitunter eine Tristesse, die nicht meine eigne war, aber die ich nachempfinden konnte. Die Autoren verstanden es mit der akribischen Schilderung mancher mir fremden Details ein geheimnisvolles abstraktes Bild zu vermitteln. Das war ihre Kunst. Knappe, schlichte aber prägnante Sätze für ein großes Gefühl.
Die neuen Amerikaner schreiben gerne anders. Widmen sich dem großen Bogen für ein Sittengemälde oder dem Gesellschaftsbild. Das liegt mir nicht so. Und die Welt, die sie beschreiben, ist mir grundsätzlich auch vertrauter, deswegen nicht so geheimnisvoll.
In meiner Bibliothek tummeln sich ein paar Schätze der Edition Suhrkamp. Unter anderem `Winesburg, Ohio´ von Sherwood Anderson. Ich lese dieses Buch gerade mit großer Begeisterung wieder. Mit ein zwei Sätzen zeichnet Anderson Figuren, so plastisch und lebendig, das man das Gefühl hat,  sie nehmen neben dir auf dem Sofa Platz und gucken mit ins Buch. Es sind Kurzgeschichten, die Schlaglichter auf Einzelschicksale werfen und in ihrer Gesamtheit das Porträt einer amerikanischen Stadt liefern. Auf dem Buchrücken steht ein Zitat von William Faulkner: „Ich glaube, dass Sherwood Anderson der Vater aller meiner Arbeiten ist, der Vater der Werke von Hemingway, Fitzgerald, von uns allen.“
Man mag auch meinen, dass auch Ferdinand von Schirach den Spuren des Meisters folgt. Beim Lesen fühle ich mich an die prägnante Schilderung seiner Helden erinnert. Absolut legitim. Von Meistern darf man lernen.
Vor kurzem ist Ray Bradbury gestorben, dessen Werke mir bis auf `Löwenzahnwein´ nicht vertraut sind. Ich mag Science Fiction nicht. Er selber schilderte sich in einem Interview als jemanden, der sich nun mal an all die Details seiner Kindheit erinnert. Und so ist das auch bei `Löwenzahnwein´. Als ginge man mit ihm durch die blühenden Wiesen seiner Kindheit.