Neulich lief ein Dokumentarfilm über Jonathan Franzen,
dessen Buch `Korrekturen´ immer noch auf meiner to-do-Liste als unerledigt
steht. Der Bericht zeichnete ein Kurzporträt des Autors und gab nebenbei auch
einen kleinen Überblick über die aktuelle amerikanische Literatur aus der Sicht
der QuasiEnkel von Hemingway, John Dos Passos, William Faulkner...
Ich bin ein großer Fan der amerikanischen Literatur,
vielleicht war ich es mehr, als ich es bin. Denn richtig fesseln konnten mich schon Autoren wie Don Delillo,
Philip Roth, John Updike nicht mehr so wie deren Vorgänger, die ihr Denken eher
dem archaischen Urbild des unmittelbaren Überlebens widmeten. Vielleicht liegt
es auch daran, dass ich mein Lesen und damit auch mein eigenes Denken mit den
großen alten Amerikanern erst richtig begonnen hatte und ich mit einer Welt
konfrontiert wurde fern meiner deutschen spießigen Kleinstadt. Die Bücher der
alten Meister zauberten ein Gefühl in mich hinein, mitunter eine Tristesse, die
nicht meine eigne war, aber die ich nachempfinden konnte. Die Autoren
verstanden es mit der akribischen Schilderung mancher mir fremden Details ein
geheimnisvolles abstraktes Bild zu vermitteln. Das war ihre Kunst. Knappe, schlichte
aber prägnante Sätze für ein großes Gefühl.
Die neuen Amerikaner schreiben gerne anders. Widmen sich dem
großen Bogen für ein Sittengemälde oder dem Gesellschaftsbild. Das liegt mir
nicht so. Und die Welt, die sie beschreiben, ist mir grundsätzlich auch
vertrauter, deswegen nicht so geheimnisvoll.
In meiner Bibliothek tummeln sich ein paar Schätze der
Edition Suhrkamp. Unter anderem `Winesburg, Ohio´ von Sherwood Anderson. Ich lese
dieses Buch gerade mit großer Begeisterung wieder. Mit ein zwei Sätzen zeichnet Anderson Figuren, so plastisch und lebendig, das man das Gefühl hat, sie nehmen neben dir auf dem Sofa Platz
und gucken mit ins Buch. Es sind Kurzgeschichten, die Schlaglichter auf
Einzelschicksale werfen und in ihrer Gesamtheit das Porträt einer
amerikanischen Stadt liefern. Auf dem Buchrücken steht ein Zitat von William
Faulkner: „Ich glaube, dass Sherwood Anderson der Vater aller meiner Arbeiten
ist, der Vater der Werke von Hemingway, Fitzgerald, von uns allen.“
Man mag auch meinen, dass auch Ferdinand von Schirach den
Spuren des Meisters folgt. Beim Lesen fühle ich mich an die prägnante
Schilderung seiner Helden erinnert. Absolut legitim. Von Meistern darf man
lernen.
Vor kurzem ist Ray Bradbury gestorben, dessen Werke mir bis
auf `Löwenzahnwein´ nicht vertraut sind. Ich mag Science Fiction nicht. Er
selber schilderte sich in einem Interview als jemanden, der sich nun mal an all
die Details seiner Kindheit erinnert. Und so ist das auch bei `Löwenzahnwein´. Als
ginge man mit ihm durch die blühenden Wiesen seiner Kindheit.