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Mittwoch, 12. Oktober 2016
helmut (1956 - 1984)
Helmut,
wegen dir habe ich angefangen schwierige Bücher zu lesen,
die mich überfordert haben. Wir waren 15 und du trugst abgegriffene rote
rororo-Satre-Bücher mit dir herum und Camus, benutztest Fremdwörter, die ich
heute noch nicht verstehe, warst von scharfem analytischen Verstand und trugst
Baskenmütze und rauchtest existentialistische Gitanes. Hast zehnmal so viel
gelesen wie ich, als ahntest du, dass deine Zeit beschränkt war. Und nie
einfache Kost. Gorki, Dostojewski, alle Philosophen, quasi alle Bände rauf und
runter, verehrtest Tucholsky (wegen dir habe ich sein Gesamtwerk im Regal),
nebenher zur Zerstreuung hattest du ein Faible für Kriegsliteratur aus dem 2.
Weltkrieg. Und mit Fotos aus dem Vietnamkrieg war dein Zimmer geschmückt. Du
bist von zu Hause abgehauen, wurdest eingefangen, und wir sprachen von der Fremdenlegion,
wie Buben das so tun. Ansonsten sprachst du über Kant und Nietzsche, während
ich Mars und Milky Way in mich hineinstopfte und immer dicker wurde. Später
dann sind wir mit meiner alten NSU ohne Helme aber mit Skimützen nach
Ruhpolding gefahren, weil dort im Hallenbad die einzigen Carambolage-Billardtische
des Chiemgaus standen. Manchmal war es Salzburg.
Ansonsten trafen wir uns in unserem unsäglichen Kaff an der
KrauseKreuzung, so nannten wir den Wegscheid damals, kurz auch Kraukreu, weil
Krause da gleich wohnte, und dann gingen wir ins Jugendzentrum und rauchten uns
die Birne blöd und überforderten die schönen Mädchen mit kopflastigen
Gesprächen und wunderten uns, dass sie dann von anderen abgeschleppt wurden. Je
größer unsere Misserfolge in dieser Hinsicht, um so kopflastiger wurden wir,
wie aus Protest. Und unser Sarkasmus war legendär.
Ja und Schriftsteller wollten wir beide werden. Unabhängig
auf einer Insel Bücher schreiben umgeben von schönen Frauen.
Nun, ich bin Kinder- und Jugendbuchautor geworden und ein
Fotograf, du weißt, fotografiert habe ich immer schon. In meinem ersten
Kinderbuch habe ich den Hund nach dir benannt, ich hoffe, das geht für dich in
Ordnung, denn der Hund in dem Buch ist ein 1a Gefährte, also ein Kompliment an
dich.
Ein bisschen hatten wir uns dann aus den Augen verloren,
aber Kontakt hatten wir. Und jetzt lebst du schon vier Jahre länger nicht, als
du gelebt hast. Wahnsinn.
Und doof, auch wenn viele das nicht glauben, aber die besten
Jahre wären noch gekommen in deinem Leben. Ist so. Weil wir damals schon
irgendwie fünfzig waren, wärst auch du mehr und mehr in unser Alter hineingewachsen.
Ich denke an dich, wenn ich durch den Wald fahre neben dem
Friedhof, dann hupe ich immer, das hörst du sicherlich. Vor allem muss ich an
dich denken angesichts des Tempos vieler Entwicklungen heutzutage. Was du alles
nicht kennengelernt hast, was in Sachen Kommunikation heute geht.
Du glaubst es nicht. Jetzt gibt es auch ein Foto von dir im
Internet. Gestern wärst du sechzig geworden.
Donnerstag, 6. Oktober 2016
Dienstag, 30. August 2016
Sonntag, 21. August 2016
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Dienstag, 9. August 2016
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